Ebenso ausführlich, aber eher sanft wird jetzt die Vorderpartie behandelt. Im Bauch steckt deine Vergangenheit, sagen die Schamanen. Hier sind Gefühle, Erinnerungen an Schmerzen, Kränkungen und Verletzungen gespeichert. Nur mit äußerster Behutsamkeit können sie gelöst werden, der Körper soll sie ausatmen, bereitwillig hergeben, loslassen. Auch die Begleitmusik klingt nun anders: mütterlich und tröstend wie ein Wiegenlied.Ohne Hast und mit viel Geduld widmen sich die vier Hände zum Schluß meinen „vier Ecken“: Schultern und Hüften werden sanft gehoben, gedehnt, geschaukelt, denn hier nistet oft besonders viel Spannung. Ich spüre es förmlich, wie sich im rechten Schultergelenk irgendein altes Weh seufzend auflöst.Ganz langsam lassen Susan und Margarete dann ihre Hände sinken und sprechen einen Schlußsegen. Wie Wasser fühle ich mich jetzt, Wasser, das sanft und beständig fließt. Ein ozeanisches Gefühl von Frieden, und dazu eine selten so tief gekostete Erfüllung. Alle Massagen, die ich bisher erlebte – auch die besten – hatten einen Makel: Sie waren immer zu schnell vorbei! Diesmal bin ich satt geworden. Bei Lomi-Lomi Nui gibt es ursprünglich keine vorgegebene Zeit, erklärt mir Susan später. Der Heiler richtet sich nicht nach der Uhr, sondern nach dem Grad der Entspannung. Behandelt wird so lange, bis die im Augenblick tiefst mögliche Lösung erreicht ist. Im alten Hawaii waren Massagezeremonien von mehreren Stunden, manchmal sogar Tagen, durchaus keine Seltenheit.